Adventsbrief 2012
Im Advent 2012
Werte Freundinnen und Freunde der Kirchlichen Arbeit Alpirsbach!
Im vergangenen Kirchenjahr sind uns, zum Teil unter dem Jahresthema der von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ausgerichteten Luther-Dekade „Reformation und Musik“, außerordentlich inspirierende Wochen geschenkt worden.
Hier sind Kurzberichte der beiden Sommerwochen in Gernrode und Alpirsbach und der Herbstwoche in Püttlingen:
Sommerwoche in Gernrode vom 14. bis 22. Juli 2012
Bericht von Ingrid Hofmann, Eisenach
Erster Tag nach einer Woche in Gernrode: Ankommen in der Heimat ist gefragt, aber die letzten neun Tage klingen nach, und das im wörtlichen Sinn: Immer wieder klingen gregorianische Weisen in meinem Kopf. Sie erinnern an erfüllte Tage in guter Gemeinschaft mit 30 Frauen und Männern, die nicht nur die Liebe zur Gregorianik zusammengeführt hatte. Ganz sicher waren es auch die wunderbare Kirche, die Aussicht auf ein interessantes Studium und nicht zuletzt die anderen Mitglieder des Konventes, die einige bewogen hatten, in diesem Jahr anzureisen.
Die Tage hielten, was sie versprochen hatten. Nach der Begrüßung durch den Präses Chori Dr. Wolfgang Irrlitz, in der auch ein Gruß des erkrankten Bernd Ebener verlesen wurde, wandte sich die gute Seele der Gernroder Singwochen, Barbara Axthelm, mit einer bereits im Einladungsbrief formulierten Bitte an den Konvent, die Zeit des Schweigens besonders nach der Complet und vor der Matutin zu nutzen. Ihr Wunsch trug Früchte. Die Ruhe brachte eine wunderbare Erfahrung.
Wie es sich gehört, begannen wir gleich mit einer Singübung, so dass das erste Stundengebet bereits recht gut klang. Angeleitet von Christine Unger zeigten die Gesänge immer mehr Perfektion. Ulrike Büchel hatte sich bereiterklärt, Bernd Ebeners Aufgaben zu übernehmen und gestaltete die Singübungen zur Vorbereitung der Messe einfühlsam und konzentriert.
Im wunderbar bilderreichen Studium brachte uns der Kunsthistoriker Gerhard Walter aus Leipzig die spannenden Hintergründe zu den Stundengebeten, u.a. die Bedeutung Gregors I. und die Mariengläubigkeit nahe. Unvergesslich wird mir seine Führung durch "unsere" Cyriacuskirche mit dem Heiligen Grab bleiben.
Zu den bleibenden Erinnerungen gehören auch die Homilien, gestaltet von Pastor i. R. Henning Drude zum Magnificat, die Lesungen aus dem Buch Ezechiel, die einer Bauanleitung glichen und zu weiteren Berechnungen und Diskussionen noch am Frühstückstisch anregten, die Intonationen durch unseren erfahrenen Hebdomadarius, Walter Pehl und die Predigt des Pastor loci, Herrn Müller, anlässlich der Messe. Eine gute Tradition des Gernroder Konventes ist die Beteiligung an den Gemeindegottesdiensten der Ortsgemeinde.
Dass dies alles im festlichen Rahmen stattfinden konnte, verdanken wir der verantwortlichen Fürsorge des Ehepaares Axthelm. Einmalig sind die Blumensträuße, aber auch die Gestaltung der Beleuchtung zu den Morgen- und Abendstunden. Wenn am Abend nur noch die Kerzen leuchteten, erklang ab und an wunderbarer Gesang aus der Krypta hervor oder von der Orgelempore herab - ein eindrücklicher Ausklang nach der Complet. Danach konnte man nur noch schweigen.
Aber auch die weltlichen Unternehmungen, die Ausfahrt ins Kloster Michaelstein, in bewährter Weise angeführt vom Präses Chori verbunden mit gemütlichem Picknick im Regen, der bunte Abend mit Bratwurstessen und viel Gelegenheiten zum Lachen, sowie das Abschiedskaffeetrinken nach der Messe und der Besuch des Altersheims, verbunden mit Singen für die Bewohner, werden wohl nicht vergessen werden.
Für die Organisation dieser Unternehmungen zeichnete viele lange Jahre hindurch Lieselotte Heine verantwortlich. Nun hat sie diese von Laien nicht zu überblickenden Aufgaben an die jüngere Annette Grimmell übergeben. Ihr Einstand wurde gekonnt bewältigt. Danke!!
Der Koffer ist ausgepackt, die Sonne strahlt und in zwei Stunden wäre die Complet. Es klingt schon jetzt in meinen Ohren: " Bewahre uns, Herr, wenn wir wachen, behüte uns, wenn wir schlafen, auf dass wir wachen in Christo und ruhen in Frieden."
Über die Sommerwoche in Alpirsbach (27. August – 01. September) schreibt Götz Kunkel:
Nach 20 Jahren Abstinenz betrete ich als frischer „Fünfziger“ zum zweiten Mal den Bruderraum der Klosterkirche. Wie war das damals? Ach ja, die Ordnung (… das obligate Glöckchen, gehört das vielleicht auch schon zu den „vasa sacra“?) Alles hat seinen Platz, im Bruderraum, beim Singen, in der großen Familie der Antiphonalen … Ich bin an fünfter Stelle auf der Männer-Seite und wundere mich, dass ich so sonderbar irritiert bin, wenn nicht alles an gewohnter Stelle liegt („mein“ Gesangbuch, das Stundenbuch mit den Horen für den Sonntag).
Der Rhythmus ist es. Die Ordnung auch. Ich bin ganz da. Präsent. Auch in den Phasen des Studiums. Martin Luther als Medien-Spezialist, facebook-begeistert. Toll, wie das ein Professor (Laube) herunterbricht, dass ich es als Laie verstehe. Das andere sind die Sing-Übungen. Mit Witz und Ironie, ein Schuss Sarkasmus unmerklich beigemischt, schafft es Rudolf Rienau, unser Kantor zusammen mit Annegret, die schweren, mit der Feder gezeichneten Hindernise zu überwinden. Bevor es bei der Messe am Samstag zu schwer wurde, musste ich schon wieder gehen … Aber vieles blieb. Der Gesang, die Fülle der Orgel, von Ulrich Weissert eindrücklich gezeigt, die Kirchenlieder, die Homilien.
Ich sage Danke, vor allem an Annegret, die alles engagiert organisiert hat. Ich bin sehr reich geworden. Danke für alle Begegnungen und Gespräche … aus Freiburg.
Und Dr. Ralf Krömer hat diesen Bericht von der Herbstwoche (03. – 07. Oktober) im Kloster Heilig Kreuz zu Püttlingen verfasst:
Die Woche stand im Zeichen der Ökumene: die Redemptoristinnen des Klosters Heilig Kreuz empfingen unseren Konvent nicht nur mit größter Herzlichkeit, sondern nahmen auch mit Freude an den Stundengebeten teil, die wir im Schwesternchor der Klosterkirche halten konnten. Diese sehenswerte Kirche, Mitte des letzten Jahrhunderts vom Architekten György Lehoczky geschaffen, zeigt, dass Moderne und Spiritualität durchaus im Einklang sein können.
Kantor Gero Soergel führte uns mit großer Sorgfalt an das Erspüren der eigenen Tonsprache der Gregorianik heran. Über einen kurzen lateinischen Vers öffnete er immer wieder unsere Ohren für die "nota sensibilis" (das e als Halbtonschritt unter dem f) und ihre besondere Stellung als "Leidensnote".
Die Erprobung des neuen Antiphonale artete jedoch zuweilen in eine ausgesprochene Zettelwirtschaft aus, bei der man konzentriert zu Werke gehen musste. Fast zur Erholungsphase wurden da die Homilien von Rüdiger Schloz und das von Joachim Conrad ebenso informiert wie kurzweilig gestaltete Studium zum Thema "Reformation und Musik". Zur Entspannung trug auch schönes Altweibersommerwetter bei - einmal konnte ich nach der Complet auf dem Weg zur Unterkunft sogar Grillen singen hören.
Vorschau
Zur direkt bevorstehenden Epiphaniaswoche in Heiligkreuztal hat Sibrand Foerster eine eigene Einladung verschickt.
Das Jahr 2013 bringt uns einige Jubiläen. Der 125. Geburtstag des Vaters der Kirchlichen Arbeit Alpirsbach, Richard Gölz, war zwar schon am 5. Februar 2012. Die Epiphanien-Gemeinde in Berlin-Charlottenburg richtete aus diesem Anlass auf Initiative des langjährigen und um den Bau der außergewöhnlichen Orgel dieser Kirche hochverdienten Organisten Gottfried Matthaei mit Unterstützung des Pfarrers Steffen Reiche einen Gedenktag aus, an dem ich mitwirken durfte.
Wir wollen die Herbstwoche unserer KAA in Tübingen als Richard Gölz-Woche begehen. Das Studium wird unser Vizepräses Prof. Dr. Joachim Conrad, der herausragende Kenner von Leben und Werk Richard Gölz‘, halten. Er wird auch einen öffentlichen Vortrag in Tübingen halten. Als Kantor wird neben anderen auch der Nach-Nachfolger von Richard Gölz als Musikdirektor am Tübinger Stift und Organist an der Stiftskirche, Gero Soergel, mit seiner im Raum der evangelischen Kirchenmusik einzigartigen Kenntnis der Gregorianischen Semiologie unsere Woche bereichern. Kirchenmusikdirektor Ingo Bredenbach wird ein öffentliches Singen aus „dem Gölz“, dem von Richard Gölz 1934 herausgegebenen Chorgesangbuch, das bis heute zum Grund-Notenbestand jedes evangelischen Kirchenchors zählt, veranstalten. Auch die von Richard Gölz begründete Motette, die seither im kirchlichen und musikalischen Leben der Stadt Tübingen eine zentrale Rolle spielt, wird Richard Gölz gewidmet sein. Deshalb wird die Woche auch ausnahmsweise bis Sonntag geplant.
Wir feiern in diesem Jahr das 80jährige Jubiläum der Kirchlichen Arbeit Alpirsbach. Als Ort haben wir das Einkehrhaus der Württembergischen Landeskirche, Stift Urach, gewählt, weil es räumlichen Zusammenhalt, kurze und barrierefreie Wege auch für diejenigen Freunde unserer Arbeit bietet, die nicht mehr so gut zu Fuß sind, und wir möglichst allen treuen Alpirsbachern die Möglichkeit bieten wollten, an dieser Jubiläumswoche teilzunehmen. Auch der Zugang zur Amanduskirche, in der wir unsere Stundengebete halten wollen, ist behindertengerecht gestaltet. Das Studium wird Prof. Dr. Christian Möller halten, ebenfalls zu einem Jubiläums-Anlass, nämlich dem 200. Geburtstag von Sören Kierkegaard am 5. Mai.
Auch die Osterwoche in Lippoldsberg/Weser ist an einem Gedenktag ausgerichtet, nämlich dem 50. Todestag von Papst Johannes XXIII, von dem Karl Barth sagte, er sei der erste glaubwürdige Papst seit der Reformation. Wir wollen fragen, was das von ihm einberufene 2. Vatikanische Konzil im Licht des halben Jahrhunderts erbracht hat, das inzwischen vergangen ist. Die Anfragen für den Rector Studiorum sind leider noch nicht beantwortet. – Die Klosterkirche St. Georg und Maria, um 1150 errichtet, zählt zu den bedeutendsten romanischen Bauten in Deutschland. Sie wurde jüngst innen und außen umfassend renoviert. Außen ist sie ein schlichter Buntsandsteinbau, im Westen betritt man die Kirche durch das kryptenartige Untergeschoss der Nonnenempore. Die kreuzförmige Pfeilerbasilika und der Chorraum mit einem Taufstein des 12. Jh. erheben die Seele im Stundengebet und in der Messe.
Dass uns Prof. Dr. Karlfried Fröhlich für die Pfingstwoche in Meißen ein Studium über den vier-fachen Schriftsinn zugesagt hat, ist eine besondere Freude. Alle, die jemals eines seiner Studien erlebt haben, wissen seine stupende Gelehrsamkeit und seine hinreißende Darstellungsgabe zu schätzen.
In Gernrode erwartet uns ein außergewöhnlich anspruchsvolles, herausforderndes Studium. Prof. Dr. Axel Denecke, zuletzt Hauptpastor in St. Katharinen in Hamburg, wird über das Thema: „Ein dogmenfreies Christentum? Essentielle Notwendigkeit oder Glaubensverlust“ mit uns arbeiten, Das Thema ist u.a. durch Klaus-Peter Jörns‘ Buch „Notwendige Abschiede“, aber auch viele andere provozierende Impulse zur „Entrümpelung“ in die Diskussion geraten. Prof. Denecke wird uns helfen, Kategorien zu finden, um zwischen notwendiger „Entrümpelung“ und beharrlichem „Eindenken“ in die überkommenen Geschichten, Mythen, Denkmodelle historisch sachgerecht und glaubensgemäß zu unterscheiden.
Bitte beachten! Wie Sie bemerkt haben, sind die technischen Details der Wochen in den vorangegangenen Beschreibungen nicht enthalten. Da wir seit einigen Jahren aufwändig und ansprechend gestaltete Jahresprospekte (Flyer) mitschicken, habe ich entschieden, die technischen Details im Rundbrief wegzulassen, weil sie dem Flyer zu entnehmen sind.
Aus dem Leitungskreis
Wir haben uns im Leitungskreis Gedanken gemacht, was wir uns außer der Jubiläumswoche in Bad Urach zum 80.Jubiläum der Kirchlichen Arbeit Alpirsbach vornehmen sollten. Seit Jahren begleiten uns Fragen nach einem Tondokument der Gregorianischen Wochen. Für eine Studio-Aufnahme scheuten wir in allen Beratungen immer wieder die Konkurrenz der professionellen Produktionen bekannter Gregorianik-Scholen. Die „erlösende“ Idee war eine Ton-Dokumentar-Aufnahme: Quasi außer Konkurrenz ein Jahr lang die Wochen der KAA zu begleiten und mitzuschneiden, um am Ende eine Auswahl zu treffen, die auf eine CD passt. Wie es z.B. ein Dokumentar-Filmer in Afrika macht! Dazu einige Orgel-Aufnahmen auf der neuen Winterhalter-Skulpturen-Orgel in unserer „Mutterkirche“, dem Münster Alpirsbach. Der Ton-Ingenieur Alexander Noelle hat alle Wochen des Jahres 2012 begleitet und Aufnahmen gemacht, dazu eine Aufnahme mit Orgel und Schlagzeug. Eine Auswahl unter dem Gesichtspunkt des Kirchenjahrs und der Stundengebete im Tageslauf wurde durch eine Schola ergänzt. Diese CD wird Anfang 2013 fertiggestellt und dann käuflich (EUR 10 plus Porto) und bestellbar sein.
Mit dem Stichwort „bestellbar“ verbindet sich die Neuigkeit: Wenn Sie diesen Rundbrief erhalten, ist die Stiftung Kirchliche Arbeit Alpirsbach endlich wieder unter der Adresse www.kaalpirsbach.de online, also per Internet erreichbar und auf aktuellem Stand! Ich werde mich bis zur Rückkehr unseres Webmasters Dr. Thomas Bergholz aus Indonesien mit Hilfe von Herrn Walter A. Müller, der den Relaunch bewerkstelligt hat, um die Pflege der Website kümmern. Unter der Kategorie „Kontakt“ gibt es auch die Möglichkeit für Bestellungen.
Schließlich fragt sich jeder Leser: Was ist denn nun mit der seit Jahren immer wieder thematisierten Revision des Alpirsbacher Antiphonale? Ich versuche es ganz kurz zu machen:
Der „Kirchlichen Arbeit Alpirsbach“ ist schon im Namen die Bindung an die Kirche eingewurzelt. Der Luthertext wurde zu Recht revidiert, also musste die KAA nachziehen. Außerdem hat die historisch-kritische Gregorianik-Forschung neue Erkenntnisse über die Gregorianik zutage gefördert. Es entspricht den Ursprungs-Impulsen unserer Arbeit, stets dem Erkenntnis-Fortschritt aufgeschlossen zu sein. Also musste das Antiphonale in der Form der „gräulichen Hefte“ einer „semiologischen“ Revision unterzogen werden, wobei die Impulse des damaligen Leitungskreis-Mitglieds Jochen Dürhager für die möglichst einfache Handhabbarkeit aufgenommen wurden. Da auch in den nicht festgebundenen Wochen inzwischen nur ein Tag oder zwei Tage eingeübt werden, erschien es sachgemäß, dem in der Anordnung Rechnung zu tragen und das Pensum nach Wochen- und Festtagen anzuordnen.
Dann begann die Suche nach einer adäquaten Noten- und Textschrift. Erste Versuche scheiterten an der Drucktechnik. Jetzt haben wir den ersten Band in druckfertiger Form fertig. Er wird – freilich noch in kopierter Form – zur Epiphaniaswoche 2013 eingeführt, womit auch eine letzte Korrektur-möglichkeit gegeben ist. Danach soll der Band unmittelbar in Druck gehen und 8 Wochen später fertig sein. Auch die Gemeindekomplet (in kleinerem Format) soll alsbald in Druck gehen.
Zu guter Letzt
Bitte melden Sie sich sofort an! Wir brauchen dringend einen frühzeitigen Überblick!
Darf ich wie immer herzlich und dringend darum bitten, den diesem Rundbrief beiliegenden Überweisungsträger zu nutzen, um der Stiftung die jährlich erbetenen € 20.- bis € 30.- zukommen zu lassen? Auch ein geringerer Betrag ist hilfreich - und natürlich ein höherer erst recht willkommen!
Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Adventszeit, frohe Weihnachten und ein behütetes Jahr 2013 und grüße Sie herzlich. Seien Sie Gott befohlen!
Ihr D. Rüdiger Schloz